Kaltes Plasma beim Pferd – Nobby erhält modernste Wundversorgung
- Florian Grünig
- vor 4 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen
Es ist Freitag, das Wochenende steht vor der Tür – und bevor es losgeht, haben wir noch einmal einen Verbandwechsel bei Nobby eingeplant. Um 15:00 Uhr sind wir mit unserem Tierarzt Tim auf der Eagle Free Ranch in Steyerberg verabredet. Ein aktuelles Foto der Wunde findet ihr wie immer am Ende des Beitrags.

Kurz vor knapp auf der Ranch
Etwas gestresst kommen wir um 14:55 Uhr an. Mein SAPV-Dienst (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) endete erst um 14:30 Uhr, und zu Hause konnte ich gerade noch alles Nötige für die moderne Wundversorgung einpacken.
Tim ist bereits vor Ort und bereitet die Sedierung vor. Wir holen Nobby aus der Box. Das Bein ist kaum geschwollen – ein gutes Zeichen, sagt Tim. Auch beim Vorführen in der Stallgasse zeigt sich: Nobby lahmt nicht.
Nobby steht nun seit sechs Tagen in der Box – was ihm wirklich schwerfällt. Er liebt es, sich frei mit seinen Kumpels auf dem Paddock zu bewegen. Tim sagt, es spricht nichts dagegen, ihn ab morgen in die Führanlage zu stellen, damit er sich wenigstens etwas bewegen kann.
Noch ein Verbandwechsel unter Sedierung
Nachdem die Sedierung wirkt, entfernen wir den alten Verband. Der Superabsorber ist gut gefüllt mit Wundexsudat – genau das ist seine Aufgabe. Die Hydrofaser, die wir am Montag eingelegt haben, hat dafür gesorgt, dass die offene Wunde beim Pferd nicht zu feucht wurde: Überschüssige Flüssigkeit wurde sicher nach außen geleitet.
Jetzt beginnen wir mit der sterilen Wundversorgung. Ich spüle die Wunde mit einer Lösung auf Basis von hypochloriger Säure (HOCl) – eine konservierte Wundspüllösung mit vielen Vorteilen:
löst Biofilm und Fibrinbeläge mechanisch und schonend
wirkt antimikrobiell
ist gewebeverträglich – selbst für Sehnen, Knochen oder Knorpel
verursacht kein Brennen oder Schmerzen
Mit einer sterilen Pinzette entferne ich vorsichtig die restlichen Fibrinbeläge. Die Heilung macht Fortschritte: Frisches Granulationsgewebe ist sichtbar, die Wunde wird kleiner.
Doch: Der Knochen in der Mitte liegt weiterhin frei – das bleibt eine Herausforderung.
Wundheilung mit freiliegendem Knochen – was ist zu beachten?
Auf den Bildern sieht man es deutlich: Der freiliegende Knochen ist strahlend weiß. Bei Wunden mit Knochenbeteiligung beim Pferd ist es essenziell, ihn feucht zu halten. Trocknet er aus, kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen wie:
Knochennekrose (Absterben von Knochengewebe)
Osteomyelitis (Knochenentzündung)
Beides kann für das Pferd lebensbedrohlich werden – deshalb arbeiten wir hier besonders sorgfältig und hygienisch.
Kaltes Plasma beim Pferd, was passiert da eigentlich?
Heute setzen wir bei Nobby zum ersten Mal ein neues Therapiegerät ein:
Kaltes Plasma – ein innovativer Ansatz in der modernen Wundbehandlung sowohl bei Menschen, als auch bei Pferden.
Kaltes Plasma ist ein ionisiertes Gas, das bei Körpertemperatur erzeugt wird. Es entsteht durch die Anregung von Gasen (z. B. Umgebungsluft) mittels Wechselspannung. Dabei bilden sich reaktive Sauerstoffspezies (ROS) – Moleküle mit starker antimikrobieller Wirkung.
Diese ROS zerstören Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze effektiv – und zwar durch sogenannte Scherkräfte an der Zellwand. Während Mikroorganismen dabei irreversibel geschädigt werden, bleiben gesunde tierische oder menschliche Zellen unversehrt.
Die Wirkung ist beeindruckend:
Eine Kaltplasmabehandlung kann bis zu 99,9 % aller Keime im behandelten Bereich abtöten. Und das Beste: Kaltes Plasma wirkt nicht nur bei offenen Wunden, sondern auch bei Hautproblemen wie:
Mauke,
Ekzemen
Pilzbefall (Mykosen).
Das machtes Kaltes Plasma beim Pferd zu einem echten Alleskönner. Außerdem regen die ROS die lokale Durchblutung und Zellaktivität an. Das führt zur vermehrten Proliferation – also zur Bildung neuen Gewebes – und unterstützt die Wundheilung optimal.
Triggerwarnung: Blut, verletztes Tier
Wie läuft die Kaltplasmabehandlung beim Pferd ab?
Die Anwendung dauert nur wenige Minuten, ist vollkommen schmerzfrei und für das Pferd absolut stressfrei. Zuerst wird gezielt die Wunde selbst behandelt, anschließend die umliegende Haut – denn auch das Wundumfeld spielt eine wichtige Rolle im Heilungsprozess.
Das Herzstück der Behandlung sind spezielle Glassonden, die mit Neon, einem Edelgas, gefüllt sind. Diese Sonden gibt es in verschiedenen Formen und Größen, sodass sowohl tiefe Wundtaschen als auch größere Wundflächen zuverlässig und gleichmäßig behandelt werden können.
Dank ihrer Bauweise gelangen die reaktiven Plasmaspezies genau dorthin, wo sie gebraucht werden – selbst in schwer zugängliche Bereiche.
Nobby hat die Kaltplasmabehandlung ruhig über sich ergehen lassen – und wir hoffen sehr, dass diese moderne Methode den nächsten Schritt in Richtung Heilung bringt.
Abschluss der Versorgung – Verbandwechsel
Nach der Behandlung versorgen wir die Wunde erneut:
Eine leicht angefeuchtete Hydrofaser wird sanft bis an den Knochen heran tamponiert (ohne Druck)
Dann folgt ein Superabsorber, der überschüssiges Exsudat aufnimmt
Zum Schluss: Polsterwatte und ein grüner Haftverband zur Fixierung

Nobby ist noch etwas schläfrig – aber alles verlief ruhig und ohne Zwischenfälle. Einzig die Fliegen waren heute lästig. Die Fliegensaison macht uns die Wundheilung nicht gerade leichter.
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Triggerwarnung: Blut, verletztes Tier
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