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Wundgeruch in der palliativen Wundversorgung – was hilft wirklich?

  • Autorenbild: Florian Grünig
    Florian Grünig
  • 17. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Wundgeruch ist ein belastendes Thema – für Patient*innen, Angehörige und auch für Pflegende; gerade in der palliativen Versorgung kann er zum entscheidenden Faktor für Lebensqualität werden. Dabei geht es nicht nur um Hygiene oder Ästhetik – sondern auch um Würde, Teilhabe und soziale Nähe.


Rauch eines Räucherstäbchens

Warum riecht eine Wunde überhaupt?

Wundgeruch entsteht, wenn sich Bakterien in der Wunde vermehren oder wenn Gewebe abstirbt und zersetzt wird. Dabei werden sogenannte flüchtige organische Verbindungen (VOC – volatile organic compounds) freigesetzt. Diese Stoffe verdampfen leicht und gelangen in die Raumluft – dort nehmen wir sie als unangenehmen Geruch wahr.

Besonders bei chronischen oder palliativen Wunden kann die VOC-Bildung anhalten – auch ohne klassische Entzündungszeichen. Zum Beispiel wenn ein hartnäckiger Biofilm vorliegt.

(Stuermer et al., 2025)


Was hilft gegen Wundgeruch? – Maßnahmen aus der palliativen Praxis


1. Aktivkohlehaltige Wundauflagen

Durch die offenporige Struktur werden VOCs und Bakterien direkt im Verbandmaterial gebunden. Sie reduzieren den Geruch spürbar, ohne das Wundmilieu zu beeinträchtigen. Leider ist die Produktauswahl aktuell vergleichsweise begrenzt.

(Sood, A et al., 2014)


2. Antimikrobielle Wundauflagen

Produkte mit Silber oder Polyhexanid (PHMB) entfalten ihre Wirkung gegen Wundgeruch primär durch ihre antimikrobielle Aktivität. (Alves, P et al., 2021) In der palliativen Wundversorgung kann der gezielte Einsatz dieser Mittel auch ohne sichtbare Infektionszeichen sinnvoll sein. Dies ist besonders relevant, da Wundgeruch häufig durch bakterielle Biofilme verursacht wird, die trotz fehlender klinischer Infektionsanzeichen bestehen können.


3. Wundspülung, Reinigung und Antiseptika

Regelmäßige Wundspülungen entfernen Exsudat und Zellreste – beides starke Geruchsträger. Zusätzlich können antiseptische Lösungen die Keimbelastung der Wunde reduzieren.  Auch hypochlorige Säure als Wundspüllösung kann zur Geruchsbindung beitragen.


4. Raumluft-Management

Schon einfache Maßnahmen wie regelmäßiges Lüften und der häufige Wechsel von Bettwäsche und Kleidung können helfen. Ergänzend wirken bewährte Hausmittel wie Kaffeepulver, Katzenstreu, Aktivkohlepulver oder Rasierschaum in einer offenen Schale. Auch Duftöle oder Geruchsneutralisierer wie Nilodor können zur Luftverbesserung beitragen.


5. Reden hilft

Wundgeruch ist oft mit Scham und Rückzug verbunden. Ein wertschätzender, offener Umgang gibt Betroffenen Sicherheit.


6. Off-Label: Metronidazol & Folien

Metronidazol (z. B. als Infusionslösung oder Gel) wirkt gezielt gegen anaerobe Keime – häufig schon nach wenigen Anwendungen. Die Anwendung ist off-Label und muss daher genau geprüft werden, ist aber in palliativen Situationen gut vertretbar. Ein weiterer Ansatz ist das Abdecken der Wunde mit Folien Semi-okklusiv, oder sogar okklusiv, z. B. mit Frischhaltefolie, um die Geruchsausbreitung zu verhindern. Wer meinen Beitrag Kurative vs. palliative Wundversorgung kennt, weiß: Folien fördern ein feuchtes Milieu – was im kurativen Setting absolut gewünscht ist. Doch in der palliativen Versorgung muss ein sorgfältiges Abwägen zwischen Nutzen und Risiko erfolgen. Oftmals ist eine kurzfristige Versorgung mit Folie sinnvoll, zum Beispiel um Termine wahrzunehmen oder Besuch zu empfangen.


7. Chlorophyll

Chlorophyll – der grüne Farbstoff aus Pflanzen – wird traditionell eine geruchsbindende Wirkung zugeschrieben. In der Praxis kann es lokal auf die Rückseite eines Verbandes aufgetropft oder systemisch angewendet werden, etwa in Form von Dragees, flüssigen Präparaten oder durch chlorophyllreiche Lebensmittel wie Petersilie, Weizengras oder Spinat – auch als Smoothie oder gefroren als Crushed Ice. Ein angenehmer Nebeneffekt, die Mundpflege wird unterstützen und Mundtrockenheit wird gelindert – ein häufiges Symptom in der palliativen Versorgung.

Wichtig zu wissen: Die geruchsmindernde Wirkung von Chlorophyll wird zwar immer wieder beschrieben, ist jedoch bislang nicht eindeutig durch hochwertige Studien belegt.


8. Kaltes Plasma

Kaltes atmosphärisches Plasma (KAP) stellt eine neuere Methode zur lokalen Reduktion mikrobieller Last in chronischen Wunden dar. Die Wirkung beruht auf der Bildung reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies (RONS), die gezielt bakterielle Zellstrukturen schädigen und zur Inaktivierung von Mikroorganismen führen, ohne dabei das umgebende Gewebe zu beeinträchtigen. Der Einsatz von KAP kann somit zur Reduktion der Keimbelastung, zur Minderung entzündlicher Prozesse sowie zur Verringerung von Wundgeruch beitragen.

Hier erfährst du mehr über kaltes Plasma.


Wundgeruch ist beeinflussbar – auch wenn die Wunde selbst nicht mehr heilen kann. Mit gezielten Maßnahmen, Fachkompetenz, viel Wissen und einem empathischen Blick auf das Wesentliche lässt sich viel erreichen. So können wir die Lebensqualität unserer Patienten verbessern.


Welche Maßnahmen gegen Wundgeruch haben sich bei dir in der Praxis bewährt?


Schreib gern einen Kommentar – dein Erfahrungswissen hilft Kolleg*innen weiter!


Literaturnachweiß:

AWMF. (2022). Rationaler therapeutischer Einsatz von kaltem physikalischem Plasma (S2k-Leitlinie Nr. 007-107). Deutsche Gesellschaft für Haut- und Geschlechtskrankheiten (DGfH). Abgerufen am 16.06.2025 von https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/007-107 letzter Zugriff 16.06

Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF, Deutschen Krebsgesellschaft und Deutschen Krebshilfe. (2021). S3‑Leitlinie Palliativmedizin – Kurzversion 2.3 (AWMF-Register-Nr. 128/001OL). https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Palliativmedizin/Version_2/LL_Palliativmedizin_Kurzversion_2.3.pdf 

letzter Zugriff 16.06.25

Stuermer, E. K., Nathrath, C., Lober, H., Wigger, M., Janke, T. M., Augustin, M., Dittmer, M., Sielemann, S., & Liegenfeld, S. C. (2025). Impact of malodour on health‑related quality of life of patients with chronic wounds due to volatile organic compounds. Wound Repair and Regeneration, 33(3), e70033. https://doi.org/10.1111/wrr.70033

Sood, A., Granick, M. S., & Tomaselli, N. L. (2014). Wound dressings and comparative effectiveness data. Advances in Wound Care, 3(8), 511–529. Abgerufen von https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4121107/

Akhmetova, A., Saliev, T., Allan, I. U., Illsley, M. J., Nurgozhin, T., & Mikhalovsky, S. (2016). A comprehensive review of topical odor‑controlling treatment options for chronic wounds. Journal of Wound, Ostomy and Continence Nursing, 43(6), 598–609. https://doi.org/10.1097/WON.0000000000000273

Alves, P. J., Barreto, R. T., Barrois, B. M., Gryson, L. G., Meaume, S., & Monstrey, S. J. (2021). Update on the role of antiseptics in the management of chronic wounds with critical colonisation and/or biofilm. International Wound Journal, 18(1), 1–10. https://doi.org/10.1111/iwj.13537

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